Your browser doesn't support the features required by impress.js, so you are presented with a simplified version of this presentation.

For the best experience please use the latest Chrome, Safari or Firefox browser.

Zenos Paradoxon

Schlappe Logik

»Ein logischer Kurzschluss beim Philosophieren«

Algorithmisch aufgelöst und dargestellt

Das Zitat

„Zeno von Elea (ca. 470 v. Chr.) war einer der frühesten westlichen Philosophen, deren Ideen überliefert sind. Er ist bekannt vor allem wegen seines „Paradoxons der Bewegung. … Zeno wollte mit seinen Beweisen zeigen, dass Bewegung unmöglich sei, und die Vorstellung der Lächerlichkeit preisgeben, dass Raum und Zeit unendlich teilbar seien.

Der berühmteste Beweis stammt von Achilles und einer Schildkröte. Achilles läuft mit der Schildkröte, der er einen Vorsprung gegeben hatte, um die Wette.

Um sie zu überholen, muss er zunächst die Distanz zwischen sich und der Schildkröte laufen, in dieser Zeit aber hat sich die Schildkröte schon wieder ein wenig bewegt, weshalb Achilles diese neue Distanz überbrücken muss etc.

Daraus folgt, dass Achilles niemals die Schildkröte einholen und schon gar nicht überholen kann.

Das Zitat

Dieses Paradoxon hat bislang keine akzeptierte Lösung gefunden und bezeugt die eigentliche Merkwürdigkeit der Vorstellung, dass Raum und Zeit unendlich teilbar seien.(1)

Modell und Wirklichkeit

Ich habe den Hasen und den Igel als Wett­läufer ge­nom­men. Im tat­säch­li­chen Lauf läuft der Ha­se los und holt den Igel ein - ent­spre­chend dem fol­gen­den ein­fa­chen phy­si­ka­li­schen Mo­dell, wel­ches ei­nen di­rek­ten Be­zug zum tat­säch­li­chen Lauf hat.

Die bei­den lau­fen mit den kon­stan­ten Ge­schwin­dig­kei­ten vH und vI - der Ha­se hat den an­fäng­li­chen Vor­sprung Δ0.

Der Ha­se holt den Igel zur Zeit T ein:

Der oben ge­zo­ge­ne lo­gische Schluss „Da­raus folgt“ ist nicht zu­läs­sig, denn die Aus­sa­ge (in ro­ter Schrift) ist wahr nur für Zei­ten t, die klei­ner als T sind (t < T), und der lo­gische Schluss be­zieht sich auf Zei­ten, die gleich oder grö­ßer als die Ein­hol­zeit T sind. Ein Wi­der­spruch.

Lo­gik führt al­so nicht zwangs­läu­fig zu neu­en Wahr­hei­ten, son­dern kann den Phi­lo­so­phen auch schlicht in die Ir­re lei­ten. Hier ist Ma­the­ma­tik ge­fragt und nicht die na­ive An­wen­dung von lo­gischen Sät­zen.

Die oben ge­mach­te Aus­sa­ge hat kei­nen di­rek­ten Be­zug zum tat­säch­li­chen Ge­sche­hen. Der Ab­lauf wird hier in un­end­lich vie­le Schrit­te unter­teilt. Un­end­lich vie­le Schrit­te? Die kos­ten doch un­end­lich viel Zeit - könn­te ein Phi­lo­soph den­ken!

Es wird so al­go­rith­misch ein gänz­lich ar­ti­fi­ziel­ler Ab­lauf mo­del­liert - ein Bewegungsmodell für den tatsächlichen Bewegungsablauf. Der lo­gi­sche Schluss - ge­zo­gen aus die­sem Be­we­gungs­mo­dell, der Ha­se kön­ne den Igel nicht ein­ho­len, ist falsch. Denn das Be­we­gungs­mo­dell gibt die endliche Ein­hol­zeit kor­rekt wi­der.

Im fol­gen­den Text soll nun die Ein­hol­zeit ba­sie­rend auf dem Be­we­gungs­mo­dell be­rech­net wer­den.

Die Algorithmisierung

Hase

Igel

 

Kon­stan­te Ge­schwin­dig­keit des Ha­sen und des Igels

 

Vor­sprung des Igels zur Start­zeit T0

Bewegungsgleichungen

Die Einholzeit T ist schnell aus­ge­rech­net!

Ich möchte die oben ge­mach­te Aus­sa­ge nun al­go­rith­misch nach­bil­den - mit knap­pen Wor­ten: Zur Zeit Tn+1 ist der Ha­se an dem Ort, an dem der Igel zur Zeit Tn war.

Hase

Igel

 

Zur T1 ist der Hase am Ort Δ0 und der Igel am Ort xI,1

Zur T2 ist der Hase am Ort xI,1 und der Igel am Ort xI,2

Zur Tn+1 ist der Hase am Ort xI,n und der Igel am Ort xI,n+1

Hase

Igel

 

Grenzwert n → ∞

Die durch die Rei­hen­bil­dung er­hal­te­ne Ein­hol­zeit ist gleich der oben auf di­rek­tem We­ge be­rech­ne­ten Ein­hol­zeit.

Der Al­go­rith­mus hat unendlich vie­le Schrit­te, aber der Ha­se holt den Igel in endlicher Zeit ein.

Die un­end­lich viel­en Re­chen­schrit­te sind rei­ne ma­the­ma­ti­sche Ab­strak­ti­on, die end­liche Ein­hol­zeit ist prak­ti­sche Phy­sik.

Der Epilog

"Die­se und ähn­li­che Ar­gu­ment­e Ze­nons set­zen vor­aus, dass Ent­fer­nun­gen und Ge­schwin­dig­kei­ten un­end­lich teil­bar sind. ...
Aris­to­te­les, der die Rät­sel Ze­nons übe­rlie­fert hat, glau­bte sie ent­kräf­tet und da­mit die Mög­lich­keit von Be­we­gung be­wie­sen zu ha­ben, in­dem er zwi­schen zwei Ar­ten der Un­end­lich­keit un­ter­schied: der wirk­lichen und der po­ten­tiel­len Un­end­lich­keit. Doch es soll­te noch vie­le Jahr­hun­der­te dau­ern, bis die von Ze­non auf­ge­wor­fenen Fra­gen Lö­sun­gen er­hiel­ten, die so­wohl die Phi­lo­so­phen als auch die Ma­the­ma­ti­ker zu­frie­den­stell­ten." (2)

Ha­ne­bü­che­ner Un­sinn

Sa­ge ich!
Lei­der gibt der Au­tor kei­nen wei­te­ren Hin­weis auf die Lö­sun­gen, die die Phi­lo­so­phen zu­frie­den­stell­ten.

Der Epilog

Ent­fer­nun­gen und Ge­schwin­dig­kei­ten sind feh­ler­be­haf­te­te phy­si­ka­lische Mess­grö­ßen, de­ren Wer­te üb­li­che­rwei­se mit Fließ­kom­ma­zah­len an­ge­ge­ben wer­den.

Zu je­der klei­nen Zahl gibt es na­tür­lich eine Zahl, die noch klei­ner ist, aber das hat mit den Mess­grö­ßen und mit Phy­sik rein gar nichts zu tun.

Und ir­gend­wann kommt bei al­ler Klein­heit auch dem Phi­lo­so­phen die Quan­ten­phy­sik in die Que­re - und dann sieht die Welt wie­der ganz an­ders aus.

Der Epilog

Phi­lo­so­phie -
Worte für bare Münze
Ei­ne großartige Wort­schwur­be­lei durch die Jahr­hun­der­te

Die Referenzen

(1) - Das ers­te Zi­tat ist ent­nom­men dem schö­nen und em­pfeh­lens­wer­ten Bu­che:

David Papineau (Hrsg.)
Philosophie
Eine illustrierte Reise durch das Denken
WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Darmstadt, 2006

Die Referenzen

(2) - Das zwei­te Zi­tat ist ent­nom­men dem ins­ge­samt vier­bän­di­gen und eben­falls em­pfeh­lens­wer­ten Werk:

Anthony Kenny
Geschichte der abendländischen Philosophie
Band 1: Antike
WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Darmstadt, 2012

Beiträge

Paradoxon Zeno von Elea, 470 v. Chr.
Literatur Anthony Kenny, David Papineau
Webgerüst impress
Foliensatz Bernd Ragutt
Erstellt Im Sommer 2011
Geändert Im Frühling 2015

Benutze die Leertaste oder die Pfeiltasten,
um zu navigieren ...